Ironman 70.3 WM in St. George

Als im Oktober 2021 gemütlich auf der Couch sitzend eine E-Mail von Ironman im Postfach landete, hatte ich eigentlich bereits mit meiner Familie eine Auszeit vom Triathlon eingeplant. Als relativ frisch gebackener Familienvater hatte ich gemerkt, dass es für mich recht kräftezehrend war, Beruf, Familie und Sport zufriedenstellend unter einen Hut zu bekommen.

Diese Pläne mussten dann jedoch um ein Jahr hintenangestellt werden, weil ich mich (für mich überraschend) für die Ironman 70.3 WM in St. George in Utah qualifiziert hatte. Zwar lief der entsprechende Wettkampf in Duisburg sehr gut und mit Platz 13 in meiner teilnehmerstarken Altersklasse 30-34 hatte ich auch eine gute Ausgangsposition, doch fand Coronabedingt keine Slotvergabe vor Ort statt und so hatte ich mich schon damit abgefunden, dass es vermutlich nicht geklappt hatte. Umso größer war dann die Freude, denn so eine Chance bietet sich nicht alle Tage.

 

Die Vorbereitung auf die WM verlief dann leider nicht optimal. Als vorbildlicher Lehrer nutzte ich die kompletten Sommerferien, um mit Bronchitis und Corona sechs Wochen nicht trainieren zu können. Meine WM-Vorbereitung begann also Mitte August, nur drei Wochen vor meiner geplanten Test-Mitteldistanz in Köln. Dazu kam dann noch ein Sprintwettkampf mit der Verbandsliga in Ratingen und der Halbmarathon in Köln.

 

Meine größte Sorge bis zur Abreise blieb, mich nicht noch einmal mit Corona zu infizieren und so die Reise zu gefährden. Zum Glück ging alles glatt…

Am Dienstag flog ich also nach Las Vegas und erreichte dort gegen Mitternacht mein Hotel in St. George. Direkt am nächsten Morgen ging es zum Practice-Swim im Sand Hollow Reservoire. Die Wassertemperatur lag bei angenehmen 18 Grad und das Schwimmen in der Atemberaubenden Landschaft war bereits das erste von vielen Highlights auf der Reise.

Nach dem Check-in wagte ich mich aufs Rad, um dann schnell festzustellen, dass das Fahren auf fünfspurigen Straßen mit einem Zeitfahrrad eine etwas nervenaufreibende Sache sein kann. Also hing ich noch einen kurzen Koppellauf dran, bevor der erste Tag auch schon beendet war.

Am darauffolgenden Tag fuhr ich morgens früh mit dem Snow Canyon den wohl atemberaubendsten Abschnitt der Radstrecke ab. Das half mir auch das Wetter besser einzuschätzen, denn für den Renntag waren für diese Uhrzeit 6-8 Grad vorhergesagt. Da die Uhrzeit ähnlich war, konnte ich für mich herausfinden, wie viel Kleidung ich in der Wechselzone zusätzlich anziehen wollte.

(Eingestellt hatte ich mich übrigens auf ein Hitzerennen bei etwa 30 Grad, was die sonst übliche Temperatur dort zu der Jahreszeit ist.)

Am Freitagmorgen besorgte ich mir noch eine Windweste, bevor es zum Check-in der Räder und der Laufbeutel ging. Dazwischen genoss ich die Vorfreude beim Verfolgen des Live-Streams der Frauen.

Am Renntag ging es früh morgens um halb 5 nach Downtown St. George, um dort mit landestypischen Schulbussen zum Schwimmstart zu fahren. Dort angekommen galt es, die 2,5 Stunden bis zum Start nicht einzufrieren. Ich hatte mir alles angezogen, was mein Koffer hergab und schaffte es so, bei 6 Grad die Zeit bis zum Start totzuschlagen. Als die Sonne pünktlich zum Start der Profimänner aufging, fühlte sich alles schon etwas wärmer an und im Neo waren es schließlich nur die Füße auf dem kalten Asphalt die froren.

Um 08:16 fiel für die 480 Starter meiner Agegroup der Startschuss. Alle 10 Sekunden wurden 10 Athleten ins mittlerweile auf 16,8 Grad abgekühlte Wasser geschickt.

Nachdem ich in diesem Jahr „nur“ 36 Kilometer im Wasser verbracht hatte, ging ich das Schwimmen entspannt an, hatte jedoch mit einer Zeit um die 30 Minuten geliebäugelt.

Das Schwimmen lief gut, auch wenn es immer etwas unübersichtlich wurde, wenn wir auf Teilnehmer der vorher startenden älteren Altersklassen aufschwammen. Von der Kälte merkte ich kaum etwas, nur dass meine Oberschenkel bei spontanen Ausweichmanövern schon leicht krampften (das konnte ja was werden…).

Nach 30:42min. stieg ich aus dem See und lief in die Wechselzone. Angesichts der Kälte zog ich mir vor dem Radfahren meine Socken und eine Windweste über, was mit klammen Fingern etwas länger dauerte als erhofft.

Die ersten Minuten auf dem Rad führten durch eine wüstenähnliche Landschaft entlang des Sees. Trotz der nun strahlenden Sonne lag die Temperatur bei 8 Grad und meine Oberschenkel brannten ordentlich. Das legte sich jedoch ziemlich schnell und für den Rest des Tages war die Kälte für mich kein Thema mehr.

Ich kam relativ gut in meinen Rhythmus und versuchte die von mir angepeilten Wattbereiche zu fahren, was angesichts des welligen Profils jedoch etwas schwierig war.

Leider begann sich mein Flaschenhalter hinter dem Sattel langsam zu verabschieden. Ich hatte ihn wohl nach dem Flug nicht richtig festgeschraubt.

Also entschied ich mich, den Flascheninhalt auf meine anderen beiden Trinksystem zu verteilen, um meine Kohlenhydratversorgung sicherzustellen. Dadurch hatte ich allerdings den Überblick verloren, was ich schon getrunken und wie viel ich noch zu trinken hatte, wodurch ich am Ende deutlich zu wenig zu mir nahm (was sich beim Laufen bemerkbar machte).

Den Rest der Radstrecke überlegte ich, ob ich denn wenigstens die Schrauben am Lenker richtig festgezogen hatte und fuhr kontrolliert den tollen Snow Canyon rauf und die fantastische Abfahrt herunter.

Insgesamt war die Radstrecke wirklich ein Traum. Technisch nicht schwierig war sie durch die Anstiege anspruchsvoll und durch die breiten und gut geteerten Straßen konnte man es bergab richtig laufen lassen. Abgesehen davon war die Landschaft wirklich sehenswert und ich versuchte auch das so oft wie möglich auf mich einwirken zu lassen.

Die letzten zehn Kilometer der Radstrecke führten bergab nach St. George, wo eine gigantische Stimmung herrschte.

Nach dem Wechsel ging es in die Laufschuhe und ich war recht optimistisch, nachdem ich vor drei Wochen noch eine persönliche Bestzeit in Köln gelaufen war, dass ich den Lauf gut absolvieren würde.

Allerdings ging es die ersten fünf Kilometer bergauf und meine Oberschenkel fanden das gar nicht gut. Vermutlich rächte sich hier die zu knappe Verpflegung auf dem Rad. So bekam ich nach wenigen Metern Krämpfe in den Oberschenkeln, mit denen ich mich die nächsten Kilometer weiterschleppte, bis sie sich vorerst lösten. Leider spürte ich, dass jede Tempoverschärfung direkt bestraft würde und so versuchte ich, es erstmal etwas konservativer anzugehen und in einen Flow zu kommen. Das gestaltete sich allerdings schwieriger als gedacht, da die Strecke über einen sehr hügeligen Golfplatz und unterschiedliche Untergründe führte, bevor es dann wiederum vier Kilometer bergab in die Innenstadt ging. Hier konnte ich nun endlich etwas Geschwindigkeit aufnehmen und lief die nächsten Kilometer in meiner Zielpace.

Dieser Abschnitt war wirklich beeindruckend, denn rund um den Stadtkern standen die Zuschauer in mehreren Reihen und jubelten einem zu. Das kannte ich sonst höchstens von der Rheinpromenade beim Bonn-Triathlon 😉

Nach einem Schlenker durch den Dorfpark ging es auf die zweite Runde. Und wieder bergauf….

Die Beine machten sofort wieder zu und blieben es diesmal auch bis zum Ziel. Leider konnte ich dadurch die zweite Hälfte des Halbmarathons nicht mehr ganz so genießen und schleppte mich nach 1:38 Std. ins Ziel.

Meine Zielzeit von 4:50:41 reichte insgesamt für Platz 1101 von 3550 overall und 240 von 476 in der Altersklasse.

 

Was bleibt also von dem Wettkampf?

Mit meiner Leistung bin ich zufrieden, denn es ist das, was unter meinen Trainingsbedingungen möglich war. Dass ich mich nicht mit den Weltbesten messen kann, war von Anfang an klar. Es ging für mich darum, alles aus mir herauszuholen, und das habe ich geschafft.

Für mich war es ein Erfolg mich qualifiziert zu haben und ein fantastisches Erlebnis, dieses tolle Event an diesem wunderschönen Fleck Erde erleben zu dürfen.

Es bildet für mich einen wunderbaren Abschluss, denn mit der Geburt meiner zweiten Tochter im Januar werde ich die schon für dieses Jahr anvisierte Auszeit jetzt dann doch endlich angehen.

Schreibe einen Kommentar