Transalpine Run 2021

Dezember 2020:

Anruf Michael bei Vincent (der Erinnerung des Autors entnommen): „Ich brauche Motivation um über den Winter zu kommen.“ „Ich auch.“ „Wir wollten doch schon immer mal den Transalpine Run zusammen laufen.“ „Stimmt, da können wir uns mal Gedanken drüber machen.“

 

Januar 2021:

Anruf Michael bei Vincent: „Sollen wir uns jetzt mal anmelden?“ „Ja, sonst verschleppen wir es ja doch wieder und am Ende machen wir es wieder nicht.“ „Super!“

 

Februar, März, April & Mai 2021:

Das Training läuft wie gewohnt. Es gibt Auf´s (neue 10km PB, ein gemeinsames Mini Trainingslager im Schnee der bayrischen Voralpen) und Ab´s (Motivationsloch, Achillessehnenschmerzen).

 

Juni 2021:

Es kommt uns die Idee, dass wir vielleicht vorher einen Wettkampf zusammen laufen sollten um zu schauen wie gut das mit dem zusammen laufen denn so klappt und um auch um die Form mal zu testen. So laufen wir im Juni das Kaiserkrone Skyrace am Wilden Kaiser (25km, 2500hm). Das Rennen sorgt leider nicht für das nötige Selbstbewusstsein, es läuft nicht so rund und der Kurs ist für uns deutlich zu technisch (teilweise seilversicherter Klettersteig). Spaß macht es trotzdem mal wieder an der Startlinie zu stehen, das Wetter ist super und die Strecke wunderschön.

 

Juli 2021:

Impfen + Urlaub sorgen für eine kleinere Trainingspause. Aber besser jetzt durchimpfen als kurz vor dem Wettkampf oder gar ungeimpft anreisen. Doch zumindest der Urlaub wird sportlich verbracht. Während Micha in den Bergen auf Hüttentour geht und dabei extra Gewichte in seinen Rucksack packt, fährt Vincent zum bergsteigen ins Wallis und zum Kanu fahren (ein bisschen Rücktraining kann auch nicht schaden) an die Spree.

 

August 2021:

Nachricht Vincent an Micha: „Habe gerade in den Kalender geschaut, es sind nur noch 6 Wochen bis zum Transalpine Run. Nochmal ein kleines Trainingslager in Bonn?“ „Klaro, Bonn hat sowieso viel schönere Laufstrecken als Holzkirchen und das Siebengebirge ist viel anspruchsvoller als die Alpen.“
Die letzten 6 Wochen Training verlaufen gut. Wir können sowohl einige längere Läufe mit vierstelligen Höhenmetern, als auch ein paar Intervalle absolvieren. 2 Wochen mehr wären sicher gut gewesen um noch etwas gezielter zu trainieren, aber die letzten Einheiten (7x Petersberger Bittweg, 3x Brauneck) verlaufen gut.

 

3. September 2021

Die Anreise nach Hirschegg verläuft trotz Bahnstreik relativ problemlos. Wir haben ein nettes Gasthaus direkt am Start und das Wetter ist super. Bei der Pasta Party gibts reichlich Nudeln mit Tomatensauce + Kuchen als Desert. Die Spannung steigt.

 

4. September 2021
Erste Etappe: Hirschegg – Lech am Arlberg  32,5km, 2000HM, 03:43h

Am Start herrscht Vorfreude. Wir treffen noch Chris, der den Run2 läuft. Der Material Check läuft problemlos und wir stellen uns selbstbewusst in die erste Reihe. Wegen Corona wird in zwei Startgruppen gestartet, wobei wir in der zweiten Startgruppe, 30 Minuten nach der ersten Gruppe, starten, sodass wir während der Etappe nie genau wussten, wo wir im Gesamtklassement standen.
Um 09:30 geht es los und wir freuen uns 7 Tage (die letzte Etappe musste wegen Corona gestrichen werden) von Hirschegg nach Prad zu laufen. Vor uns stehen 235 Kilometern und 13.400 Höhenmeter, trotzdem laufen wir den ersten Kilometer selbstbewusst in 4 Minuten (was man hat, das hat man).
Den ersten steilen Anstieg laufen wir zusammen mit 2 weiteren Teams auf den ersten drei Positionen. Es ist etwas schwierig zu laufen, da wir auf die erste Startgruppe auflaufen und versuchen möglichst höflich und ohne zu drängeln zu überholen. Im Abstieg müssen wir etwas rausnehmen, laufen aber recht konstant. Im zweiten längeren Anstieg können wir aber wieder an Position zwei laufen, das erste Team in Sichtweite. Im letzten Abstieg versuchen wir nicht völlig zu überziehen, der Respekt vor den nächsten 6 Tagen ist groß. Im Ziel landen wir an Position 4 (2 weitere Teams aus der ersten Startgruppe platzieren sich noch vor uns) und sind super zufrieden.
Zielbuffet: Sandwiches, Schoko und Mandeleis, 9/10 Punkten.

 

 

5. September 2021
Zweite Etappe: Lech am Arlberg – St. Anton am Arlberg  29km, 1750HM, 03:25h

Zur Regeneration gab es am Vortag Sauna, Kompressionssocken und Pferdesalbe, getreu dem Motto: Viel hilft viel. So richtig frisch fühlen sich die Beine allerdings nicht an und wir wissen noch nicht genau wie es heute laufen wird. Etwas Druck machen wir an Position 4 uns natürlich auch.
Zum Glück kommen die Beine nach den ersten paar Kilometer wieder ganz gut in Tritt und so können wir den ersten langen steilen Anstieg an fünfter Position hinter uns bringen. Wir merken heute aber auch wieder, dass wir zwar bergauf ganz gut mit den vorderen Teams mithalten können, bergab aber immer etwas mehr Zeit verlieren. Dennoch läufts gut und wir kommen als 5. Platz ins Ziel und können unseren vierten Platz verteidigen. Die Strecke ist noch ein bisschen schöner als am Tag davor und wir haben wieder Sonne pur.
Zielbuffet: Belegte Brote und Obst, war am Vortag besser, daher nur 6/10 Punkten.

 

 

 

6. September 2021
Dritte Etappe: St. Anton am Arlberg – Galtür  34km, 2400HM, 04:33h

Trotz Eisbad, Sauna, Pferdesalbe und Kompressionsstrümpfen am Vortrag, fühlen sich die Beine heute noch schwerer an als am Tag davor. Kein gutes Zeichen vor der Etappe mit den meisten Höhenmetern. Wir wussten schon am Start der Etappe, dass wir wohl nicht ganz mit den ersten vier Teams mithalten können und so laufen wir unser eigenes Tempo und kommen auch heute nach den ersten Kilometern wieder ganz gut in Schwung. Es geht das erste Mal durch Schnee und wir überqueren zwei relativ spektakuläre Pässe. Die heutige Etappe ist deutlich technischer als die beiden vorherigen und wir verlieren bergab wieder etwas mehr Zeit als gewollt. Im Ziel laufen wir wieder als 5. Team ein und verlieren heute auch den vierten Platz in der Gesamtwertung. Trotzdem sind wir wieder super zufrieden und es läuft immer noch gut. Das Wetter und die Strecke waren wieder wunderschön.
Zielbuffet: Kaiserschmarn und Milchreis, dafür wenig herzhaftes, 8/10 Punkten.

 

7. September 2021
Vierte Etappe: Galtür – Klosters  43km, 2200HM, 05:19h

Heute geht´s in die Schweiz. Mittlerweile hat es sich eingependelt und es läuft wie die letzten 3 Tage: Die ersten vier Teams laufen vorne weg und wir dahinter mit etwas Sicherheitsabstand. Leider hat sich immer noch nicht eingestellt, worauf wir gehofft haben: Dass die Beine sich irgendwann weder besser noch schlechter anfühlen und so ist die heutige Etappe die bisher härteste. Man merkt auch, dass wir von Tag zu Tag müder werden und während wir am ersten Tag während des Laufs noch viel geredet haben, nehmen die Gespräche merklich ab:
Micha: „Ganz schön anstrengend“
Vincent: „Jo. Aber schöne Strecke.“
Micha: „Ja, stimmt.“
Wir laufen wieder als 5. Team ein und freuen uns auf den morgigen „Ruhetag“.
Zielbuffet: Belegte Brote, Obst, Bibberli und Rivella, willkommen in der Schweiz. 8/10 Punkten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

8. September 2021
Fünfte Etappe: Klosters

Bergsprint, 8,3km, 850HM, 00:57h

Heute ist der sogenannte „Ruhetag“ und wir konnten endlich Mal richtig ausschlafen, Start ist erst um 11:45. Die Beine sind wie erwartet noch ein wenig schlapper als an den Tagen davor und wir wollen es eigentlich „ruhig“ angehen lassen, lassen uns dann aber doch wieder mitreißen und laufen fast Vollgas. Auch heute zeigt sich wieder, dass die Beine sich nach den ersten Kilometern wieder daran erinnern, dass sie doch noch laufen können und es läuft wirklich gut. Wir landen wieder auf Platz 5, nur knapp hinter dem 4. Team. Im Ziel sind wir natürlich deutlich weniger müde als die vorherigen Tage und können den Tag in Klosters noch richtig genießen (Dorfbummel, Essen, Füße hochlegen).
Zielbuffet: Birnbrot, glutenfreie Laugenbrötchen und Iso, deutlich ausbaufähig. 3/10 Punkten.

 

9. September 2021
Sechste Etappe: Klosters – Scuol, 48km, 2300HM, 05:39h

Heute steht die längste Etappe des diesjährigen TARs an. Der Bergsprint am Vortag hat leider nicht zu einer Wunderheilung beigetragen und wir starten mal wieder mit schweren Beinen. Dieses Mal halten wir jedoch länger Sichtkontakt zu Platz 3 und 4 und müssen nur bergab wieder etwas federn lassen (sehr technisches Gelände wieder einmal). Auch wenn es uns schwer fällt, versuchen wir immer wieder mal den Lauf wirklich zu genießen und uns daran zu erinnern, dass wir freiwillig teilnehmen. Die Strecke ist mal wieder wunderschön und es ist wirklich ein Privileg hier laufen zu können. Man merkt, dass Italien näher kommt und es fühlt sich fast mediteran an. Die letzten 5km auf staubigen Schotterstraßen und praller Sonne werden nochmal ziemlich warm und es fühlt sich an die Hochsommer. Wir kommen wieder als 5. Team ins Ziel und sind fast ein wenig traurig, dass morgen schon die letzte Etappe ist.
Zielbuffet: Belegte Brote, alkoholfreies Bier. 6/10.

 

9. September 2021
Siebte Etappe: Scuol -Prad, 44,5km, 2400HM, 05:05h

Heute steht die letzte Etappe auf dem Plan. Wir freuen uns, sind aber auch etwas wehmütig, denn die letzten 6 Etappen waren wunderschön und haben viel Spaß gemacht. Das vor uns liegende 4. Team musste am Vortag leider wegen einer Verletzung ausscheiden, sodass wir als 4. Platz in die letzte Etappe starten. Platz 3 liegt allerdings 55 Minuten vor uns und Platz 5 mehr als eine Stunde hinter uns, sodass wir im Wissen, sodass wir ohne Druck in die Etappe gehen. WIr wollen trotzdem nochmal richtig Gas geben um eventuell in der Tageswertung endlich mal auf das Podium zu kommen. Der erste Anstieg geht direkt über 8km und 1800HM über die Fourcla da Rims nach Italien. Wir halten uns auf Platz 4, werden im Downhill allerdings überholt und fallen auf Platz 7 zurück. Ab Kilometer 20 geht es fast nur noch über Forststraßen, Asphalt oder leicht zu laufende Trails und wir können unsere Straßenläufer-Gene ausspielen (Bahntraining sei Dank) und die letzten 10 Kilometer nochmal richtig Gas geben, sodass wir es als 3. Team tatsächlich aufs Podium der Tageswertung schaffen.
Zielbuffet: Schüttelbrot, Käse und Cracker, 7/10 Punkten.

 

22. September 2021
Ruhetag, Bonn

Fazit: Nach der letzten Etappe war ich mir recht sicher, dass ich den TAR erstmal nicht wieder laufen werden. Ich war froh, dass wir fertig waren. Die Woche lief zwar besser als wir uns es hätten vorstellen können (wunderschöne Strecken, sieben Tage Sonne, jeden Tag gut gelaufen), doch es war auch ein sehr intensives Erlebnis: Jeden Tag früh aufstehen, frühstücken, 4-5h konzentriert laufen und sich überwinden, Zielverpflegung, ausruhen, schlafen. Man kommt in einen Automatismus und auch wenn wir versucht haben, jeden Tag zu genießen, konnten wir das Erlebnis währenddessen vielleicht nicht immer wertschätzen. Nach knapp 2 Wochen Erholung wird die Erinnerung an den Lauf mit jeden Tag schöner und ich bin mir nicht mehr sicher, ob wir wirklich das letzte Mal am Start waren 🙂

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